Wenn ein Kind vom Stiefelternteil adoptiert wird

13. 08. 2025 | Rechtsfragen | 0 Kommentare

Welche Folgen hat es für mich und mein volljähriges Kind, das bei seiner Mutter und seinem Stiefvater aufwuchs, wenn es sich von ihm adoptieren lässt?

Bei der vorliegenden Situation handelt es sich um eine Stiefkindadoption einer volljährigen Person. In der Regel kommt in diesen Fällen Art. 266 Abs. Ziff. 2 ZGB zur Anwendung, wenn der Stiefelternteil dem Kind während der Minderjährigkeit mindestens ein Jahr lang Pflege und Erziehung erwiesen hat und es somit adoptieren darf. Es gibt aber auch andere Konstellationen, die eine Adoption einer volljährigen Person ermöglichen (Art. 266 ZGB). Es ist nicht erforderlich, dass der Stiefelternteil mit dem Elternteil verheiratet ist. Gemäss Art. 266 Abs. 2 ZGB sind die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger sinngemäss anwendbar. Ausgenommen davon ist die Bestimmung über die Zustimmung der Eltern. Zudem erhält die volljährige Person nicht das Bürgerrecht der adoptierenden Person.

Im Gegensatz zur Adoption einer minderjährigen Person ist bei einer Adoption einer volljährigen Person die Zustimmung von Ihnen als Elternteil nicht erforderlich. Gemäss Art. 268aquater ZGB ist u.a. die Einstellung der Eltern zur Adoption zu würdigen und der Adoptionsentscheid ist den Eltern, wenn möglich, mitzuteilen. Da das Kind volljährig ist, braucht es Ihre Zustimmung für die Adoption durch den Stiefelternteil also nicht. Es ist lediglich Ihre Einstellung zur Adoption zu würdigen.

Rechte und Pflichten sind aufgehoben

Sowohl für das Kind wie auch für Sie ist es wichtig, die Wirkungen einer Adoption zu kennen. Mit der Adoption wird das Kindesverhältnis zu Ihnen als Elternteil aufgelöst und ein neues Kindesverhältnis zum Stiefelternteil begründet (Art. 267 ZGB). Das bedeutet, dass alle Rechte und Pflichten, welche mit dem Kindesverhältnis zwischen dem Kind und Ihnen einhergehen, aufgehoben sind, z.B. Erbberechtigung oder Unterhaltspflicht. Auch hat das Kind keine Unterstützungspflicht Ihnen gegenüber gemäss Art. 328 ff. ZGB (siehe unten). Das Kindesverhältnis zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil bleibt bestehen (vgl. Art. 267 Abs. 3 ZGB). Eine Adoption ist in der Regel unwiderruflich.

Ich empfehle Ihnen, mit Ihrem Kind zu sprechen, um zu erfahren, was seine Motivation für diesen Schritt ist. Sie können auch gemeinsam schauen, ob das Kind alles bedacht hat, was für diesen Entscheid wichtig ist. Die Adoption muss nicht zu einem Kontaktabbruch führen. Sie bleiben der Vater oder die Mutter von Ihrem Kind, rechtlich wird diese Verbindung aber aufgehoben.

Verwandtenunterstützungspflicht

Verwandte in auf- und absteigender Linie, die in überaus günstigen Verhältnissen leben, sind unterstützungspflichtig, wenn eine «Notlage» besteht (Art. 328 f. ZGB). Die Unterstützungspflicht gilt nur unter Verwandten in gerader Linie: zwischen Grosseltern, Eltern und Kindern. Geschwister, Tanten, Onkel und Cousins müssen sich nicht gegenseitig unterstützen.

Von einer Notlage spricht man, wenn eine Person nicht in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Sobald eine Person Sozialhilfeleistungen bezieht, kann die Verwandtenunterstützungspflicht durch die Gemeinde oder das Sozialamt geprüft werden. Ein Anspruch auf Verwandtenunterstützung geht dem Anspruch auf Sozialhilfe vor.

Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts werden günstige Verhältnisse angenommen, wenn jemand aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation ein wohlhabendes Leben führen kann. Dabei wird betreffend Einkommen und Vermögen auf die Angaben der Steuerbehörde abgestützt.

In konkreten Zahlen bedeutet das gemäss der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS): Alleinstehende können etwa ab einem steuerbaren Jahreseinkommen von 120 000 Franken unterstützungspflichtig werden, Verheiratete ab 180 000 Franken. Bei unmündigen Kindern im Haushalt erhöht sich die Limite um 20 000 Franken pro Kind. Grundsätzlich kann vom steuerbaren Vermögen einen Freibetrag abgezogen werden. Dieser liegt bei 250 000 Franken für Alleinstehende und 500 000 Franken für Verheiratete. Pro Kind kommen weitere 40 000 Franken hinzu. Vom verbleibenden Betrag wird zudem der jährliche Vermögensverzehr abgezogen.

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