Unser Name – zumindest der Vorname – begleitet uns ein Leben lang. Die Auswahl des «richtigen» Namens ist für Eltern ein wichtiges Thema. Adoptiveltern sollten sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigen.
von Natalie Ehrenzweig
Der Familienname eines Kindes hängt von der Familienkonstellation ab. Der Name umfasst also die Familie und somit die Herkunft eines Kindes. «Ursprungsgeschichten sind bei Menschen wichtig für die Herleitung und Begründung der eigenen Identität» führte Prof. Allan Guggenbühl in seiner Präsentation an der Konferenz der Aufsichtsbehörden im Zivilstandsdienst aus. Während der ersten Lebensjahre spiele der Familienname für Kinder noch keine grosse Rolle: «Die Kinder orientieren sich an ihrem Vornamen», so der Experte.
Wie hätte ich geheissen, wenn ich ein Junge beziehungsweise ein Mädchen wäre? Eine gängige Frage von Kindern an ihre Eltern. Und wer hat noch nie gegoogelt, was der eigene Vorname bedeutet? Natalie geht beispielsweise auf das lateinische «Natalis» zurück, was «die an Weihnachten Geborene» bedeutet. Wenn Eltern ihr Kind zur Adoption freigeben, geben sie ihnen oft einen Namen – auch bereits im Wissen, dass das Kind nicht bei ihnen aufwachsen wird. Einige Adoptiveltern beschliessen aber dann, dem Kind einen neuen Namen zu geben. PACH rät in der Regel davon ab (siehe Box).
Rosita Rudin kam mit drei Monaten in ihre Adoptivfamilie, die sie Brigitte taufte. «Ich wurde mit fünf Jahren darüber aufgeklärt, dass ich adoptiert wurde. Allerdings waren meine Adoptiveltern mit dem Thema überfordert – gesprochen haben wir nie richtig darüber», erinnert sie sich. Irgendwann habe sie im Schreibtisch des Vaters ihr Dossier gesucht und gesehen, dass ihre leibliche Mutter sie Rosita genannt hatte. «Ich habe mich in verschiedenen Phasen meines Lebens immer mal wieder mit dem Thema Adoption auseinandergesetzt», erklärt sie.
Nachdem Brigitte im Alter von Anfang 30 ihre leibliche Mutter kennengelernt hatte und ihr Mann sie bei der Entscheidung unterstützte, änderte sie ihren Vornamen in ihren ursprünglichen zurück: Rosita. Diesen Namen hatte die Mutter damals nicht zufällig gewählt. «Sie heisst selbst Rösli. Mit dem Namen hat sie eine Verbindung zwischen uns geschaffen», erzählt Rosita Rudin. Sie hatte sich mit dem Namen Brigitte nie richtig wohl gefühlt: «Mein Name hat viel mit meiner Identität zu tun. Das merkte ich auch, als ich bei diesem Schritt Brigitte weglassen wollte. Das ging nicht, denn der Name gehört zu meiner Geschichte. Jetzt heisse ich Rosita Brigitte.»
«Der Vorname hat für ein Kind eine grosse Bedeutung. Er verändert sich auch oft während des Aufwachsens, zum Beispiel mit Abkürzungen», erklärt Allan Guggenbühl. Früher habe der Vorname noch mehr die Verbundenheit mit der Familie ausgedrückt, indem zum Beispiel der Vorname des Vaters immer an die nächste Generation weitergegeben wurde. «Daraus entstanden Familientraditionen. Heute wählen die Eltern eher Namen, die trendig sind. Das ist eine Zeiterscheinung», sagt der Psychologe.
Wie sehr der Vorname mit der eigenen Identität zusammenhängt, zeigt sich während der Pubertät. «Im Alter von 16, 17, 18 Jahren taucht die Frage nach der eigenen Herkunft auf. Wenn ein adoptiertes Kind dann herausfindet, dass es von seinen leiblichen Eltern einen anderen Vornamen erhalten hat, kann das die Neugier verstärken und stellt eine Verbindung zu den leiblichen Eltern her», erläutert Allan Guggenbühl. Wenn die Idee des «neuen» Namens gewesen sei, die Herkunft des Kindes hinter sich zu lassen, könnte das grad die gegenteilige Wirkung entfalten.
Beliebte Namen
Jedes Jahr gibt das Bundesamt für Statistik die Liste mit den beliebtesten Mädchen- und Bubennamen heraus. Die Liste zeigt die beliebtesten Namen von 2020. Um zu sehen, wie häufig Ihr Vorname ist, können Sie die interaktive Grafik des Bundesamts für Statistik anschauen: https://bit.ly/3DiuUKV.
PACH rät bei Adoptionen von Namensänderung ab
«Wenn der Name von den leiblichen Eltern gegeben wurde, zeugt es einerseits von Respekt gegenüber den leiblichen Eltern, diesen zu behalten, andererseits ist es für das Kind etwas Bedeutendes, das ihm seine Eltern mitgegeben haben. Das stärkt es gerade später, wenn ein Kind weiss, dass die Eltern seinen Namen ausgewählt haben. Er kann auch eine Art Verbindung zu den eigenen Wurzeln darstellen. Zum anderen sind die Babys ja oft schon einige Monate in einer Übergangspflegefamilie und haben bereits auf diesen Namen gehört. Dadurch macht es auch Sinn, das Kind weiterhin mit diesem Namen anzusprechen.»
Andrea Kraaz
Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Fachmitarbeiterin PACH
Motivation zur Namenwahl
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat vor einigen Jahren eine Umfrage zu den Motiven der Vornamenwahl durchgeführt. Laut Studie achten Eltern darauf, dass der Name des Kindes schön klingt – allein und zusammen mit dem Familiennamen. Den befragten Eltern war auch wichtig, dass dem Kind kein Nachteil aus dem Namen erwächst und er zu jedem Alter passt. Während es ausserdem zentral war für die Eltern, dass auch der restlichen Familie der Name gefällt, spielt die Bedeutung des Namens oder der religiöse Bezug in der heutigen Zeit keine grosse Rolle mehr. Die Inspiration für den Vornamen finden die Eltern laut Untersuchung bei Familie, Freunden oder Bekannten. 20 Prozent der Befragten hatten den Namen schon lange im Kopf, fast gleich viele haben den Namen in einem Vornamenbuch gefunden. Ein Viertel der Eltern benannte ihr Kind nach einer bestimmten Person, wie Familienangehörige (am häufigsten nach den Grosseltern), prominente oder historische Persönlichkeiten oder erfundene Figuren. Mehr dazu: www.gfds.de
Rechtliche Aspekte des Vornamens
Bei einer Adoption eines unbekannten Kindes kann einem minderjährigen Kind nur dann ein neuer Vorname gegeben werden, wenn sogenannte «achtenswerte Gründe» vorliegen (Art. 267a ZGB). Ob im konkreten Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist. Ist das Kind alt genug, wird es bezüglich der Namensänderung angehört und muss, wenn es mindestens zwölf Jahre alt ist, der Namensänderung zustimmen.
Wer nun seinen Vornamen selbst ändern will, muss an die Regierung des Wohnkantons gelangen. Dies ist je nach Kanton unterschiedlich organisiert. Im Kanton Zürich hat der Regierungsrat seine Kompetenz an die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich delegiert. Innerhalb derselben ist die Abteilung Zivilstandswesen des kantonalen Gemeindeamts mit der Aufgabe betraut, also diejenige Stelle, die auch als Aufsichtsbehörde über die Zivilstandsämter fungiert.
Die entsprechende Behörde kann den Wechsel des Vornamens bewilligen, wenn wiederum «achtenswerte Gründe» bestehen (Art. 30 Abs. 1 ZGB). Auch dies wird je nachdem unterschiedlich ausgelegt. In einigen Kantonen wird beispielsweise erwartet, dass der neue Vorname bereits seit zwei Jahren gebraucht wird. Die Kosten einer Namensänderung variieren ebenfalls von Kanton zu Kanton.
Welchen Vornamen können Eltern einem Kind geben? Alle haben in ihrem Bekanntenkreis wohl jemanden, bei der oder dem man sich wundert, wie die Eltern diesen Namen auswählen konnten. Doch in Art. 37c, Abs. 3 der Zivilstandsverordnung wird nur vorgeschrieben, dass der gewählte Name die Interessen des Kindes nicht offensichtlich verletzen darf.
Grundsätzlich ist eine Namensänderung möglich, um offensichtliche Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden sind, zu beseitigen. Hierbei ist der blosse Wille zur Namensänderung nicht ausreichend. Die Beweggründe müssen verständlich, nachvollziehbar (z.B. mittels Belegen) und überzeugend sein. Behauptete Sachverhalte müssen nachgewiesen und nicht nur glaubhaft gemacht werden. Die geltend gemachten Gründe dürfen weder rechtswidrig, missbräuchlich noch sittenwidrig sein.
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