Hürden und Rechte bei der Suche nach dem Samenspender

02. 04. 2024 | Rechtsfragen, Herkunftswissen | 0 Kommentare

Vor kurzem habe ich (geb. 1993) erfahren, dass ich mit Hilfe einer Samenspende geboren wurde. Nun bin ich auf der Suche nach Informationen zum Spender, stosse aber auf verschiedene Hürden. Wie komme ich weiter?

Viele Betroffene werden auf der Suche nach ihrem Samenspender mit falschen Argumenten abgewimmelt. Das ist oft sehr schmerzhaft und lässt Betroffene im Nebel der Ungewissheit zurück. Rechtlich gesehen, ist die Sache klar: Sie haben das Recht, Informationen zu erhalten. In der Praxis zeigt sich leider, dass Betroffene, die vor Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) 2001 mittels Samenspende gezeugt wurden, auf grosse Hürden treffen. Die angefragten medizinischen Fachpersonen geben beispielsweise an, dass die Spenden vor 2001 häufig anonym erfolgten, eine Anonymitätsvereinbarung mit dem Spender vorliegen würde oder die Akten von damals nicht mehr vorhanden seien. In den Beratungen von PACH zeigt sich häufig, dass Betroffene nur weiterkommen, wenn sie hartnäckig auf ihr Recht beharren und entsprechend argumentieren. Im besten Fall erhalten sie die Personalien des Spenders. Manchmal sind es Angaben zum Aussehen, zur Blutgruppe und zur Herkunft, dem Beruf des Spenders oder sogar die Spender-Nummer bei anonymen Spenden. All das kann hilfreich sein für die weitere Suche. 

Seit dem Inkrafttreten des FMedG im Jahr 2001 müssen in der Schweiz alle im Rahmen eines medizinischen Fortpflanzungsverfahrens verwendeten Samenspenden registriert werden. Vom Spender werden der gesundheitliche Status zum Zeitpunkt der  Spende und die äussere Erscheinung erfasst sowie seine Personalien. Dazu gehören Name, Wohnort, Nationalität, Ausbildung und Beruf. Bei der Geburt eines Kindes werden diese Angaben dem Eidgenössischen Amt für das Zivilstandswesen (EAZW) gemeldet. Spätestens mit Erreichen der Volljährigkeit kann ein betroffenes Kind beim EAZW ein Auskunftsgesuch einreichen, um Angaben über die Identität und die äussere Erscheiung des Spenders zu erhalten (siehe Art. 24 Abs. 2 FMedG).

Das Gesetz regelt auch die Rechte von Personen, welche vor 2001 durch eine Samenspende geboren sind: Betroffene haben das Recht, bei der behandelnden Ärztin, dem behandelnden Arzt oder bei der medizinischen Einrichtung, in der das Verfahren durchgeführt worden ist, Auskunft über den Spender zu erhalten (Art. 41 Abs. 2 FMedG i.V.m. Art. 27 FMedG). Die medizinischen Fachpersonen müssen den Spender

über das Auskunftsgesuch informieren und abklären, ob dieser zu einem persönlichen Kontakt bereit ist oder nicht. Anspruch auf Bekanntgabe der Informationen über die äussere Erscheinung des Spenders und seine Personalien besteht aber auch bei Ablehnung des Kontaktes. 

Wichtig für Suchende: Heute ist allgemein anerkannt, dass das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung Vorrang hat vor allfälligen kantonalen Bestimmungen, welche dem Spender damals Anonymität zugesichert hatten. Dies hielt der Bundesrat bereits in seiner Botschaft zum Fortpflanzungsmedizingesetz fest, auf welche Sie bei Bedarf hinweisen können (S. 285 zu Art. 41FMedG Botschaft zum FMedG). Die Aktenaufbewahrungspflicht betrug damals zehn Jahre, in Ihrem Fall demnach bis 2003. Zu diesem Zeitpunkt war das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) bereits in Kraft und das Vernichten der Akten hätte darum den Willen des Gesetzgebers untergraben. Dies war damals vielleicht einigen Fachleuten nicht bewusst. Obwohl der Anspruch unbestritten ist, bleibt Betroffenen oftmals nur der Weg über internationale DNA-Datenbanken, um Hinweise auf ihre Herkunft väterlicherseits zu finden.

PACH-Juristin Seraina Berner Boadi-Attafuah beantwortet Leser*innenfragen

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