Den Eltern unseres Pflegekindes ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen worden: Was heisst das für sie und uns?
Der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist eine von vier Kindesschutzmassnahmen, die im Zivilgesetzbuch (ZGB) geregelt ist (Art. 310 ZGB) und eine Kindesschutzbehörde (KESB) oder ein Gericht verfügen kann, wenn das Wohl eines Kindes gefährdet ist. Die Massnahmen müssen verhältnismässig sein, den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und in einem rechtlich korrekten Verfahren von der zuständigen Behörde angeordnet werden.
Primär sind immer die Eltern für das Wohl des Kindes zuständig. Wenn das Kindeswohl gefährdet ist und die Eltern nicht selber dafür sorgen (können), dass die Gefährdung abgewendet wird, muss die KESB oder das Gericht Massnahmen prüfen. Diese sollen die Verantwortung der Eltern ergänzen und unterstützen.
Im ZGB sind in den Artikeln 307 ff. diese Kindesschutzmassnahmen definiert:
- Ermahnung, Weisung und Aufsicht (Art. 307 Abs. 3 ZGB): Als mildeste Massnahme kann die Behörde die Eltern, die Pflegeeltern oder auch das Kind ermahnen oder ihnen eine Weisung erteilen (z.B. Inanspruchnahme einer Familienbegleitung).
- Beistandschaft (Art. 308 ZGB): Die KESB kann eine Beistandsperson einsetzen, die die Eltern in der Erziehung unterstützt. Sie kann ihr auch Aufgaben und Rechte übertragen (z.B. in Bezug auf Ausbildungsfragen). Dies ist die mit Abstand häufigste Kindesschutzmassnahme.
- Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (Art. 310 ZGB): Die Behörde kann den Eltern das Recht entziehen, darüber zu entscheiden, wo ihr Kind leben soll. Die Behörde bringt das Kind dann an einem geeigneten Ort unter. Diese Massnahme ist ein schwerer Eingriff in die Rechte der Eltern.
- Entziehung der elterlichen Sorge (Art. 311 ZGB): Als letztes Mittel kann die Behörde einen Entzug der elterlichen Sorge anordnen. Wird sie beiden Eltern entzogen, erhält das Kind eine Vormundsperson. Die Eltern verlieren alle elterlichen Bestimmungsbefugnisse. Das Kindesverhältnis bleibt aber bestehen. Die Eltern bleiben unterhaltspflichtig und haben Informations- und Kontaktrechte. Dies ist der schwerste Eingriff in die Elternrechte und ist selten.
In Ihrem Fall können die Eltern Ihres Pflegekindes somit nicht mehr bestimmen, wo das Kind lebt. Dieses Recht liegt jetzt bei der KESB, und diese hat das Kind bei Ihnen als Pflegefamilie untergebracht. Die Eltern verfügen aber weiterhin über die elterliche Sorge und treffen somit wichtige Entscheidungen in Bezug auf das Kind. Auch haben sie in der Regel ein Besuchsrecht. Möchten die Eltern das Kind wieder zu sich nehmen, braucht es dazu einen Entscheid der KESB.