Letzte Woche startete «Des preuves d’amour» in den Deutschschweizer Kinos. Feinfühlig zeigt Alice Douard – angelehnt an ihre eigene Geschichte – ein lesbisches Paar, das Eltern werden möchte und einige Hürden überwinden muss.
Was in der Schweiz 2022 mit der «Ehe für alle» Realität wurde, erreichte die Bevölkerung in Frankreich bereits 2013: Gleichgeschlechtliche Paare können heiraten. Da in der Schweiz die Samenspende nur Verheirateten offensteht, ist sie seither auch für lesbische, verheiratete Paare verfügbar. Beide Frauen sind dann automatisch die Eltern des Kindes. In Frankreich damals war das nicht so einfach.
15 Referenzbriefe
«Des preuves d’amour», der neue Film von Alice Douard, erzählt die Geschichte von Céline (Ella Rumpf) und ihrer Frau Nadia (Monia Chokri), die zu den Ersten gehören, die dieses Recht in Anspruch nehmen. Damit ihr Kind später etwas über den biologischen Vater erfahren kann, kam für sie eine anonyme Samenspende nicht infrage. Deshalb entschieden sie sich für Dänemark, wo eine offene Samenspende möglich war. In Frankreich war dieses Verfahren damals nicht legal.
Nadia, die ältere der beiden, trägt das Kind aus. Céline muss es adoptieren, um die rechtliche Mutterschaft zu erlangen. Bevor die Adoption rechtsgültig ist – das kann bis zu 18 Monate dauern – hat sie keine elterlichen Rechte dem Kind gegenüber. Sollte Nadia etwas zustossen, käme das Kind zu den Grosseltern und diese würden die elterliche Sorge beantragen. Um das Kind adoptieren zu können, muss Céline beispielsweise 15 Referenzbriefe vorbringen, die ihre Kompetenzen als Mutter belegen. Der unaufgeregte Film begleitet die zwei Frauen die letzten drei Monate der Schwangerschaft, während denen sie sich auf ihr Baby vorbereiten mit allen Hochs und Tiefs.

«Egalité» rufen die Abstimmungsgewinner und -gewinnerinnen zu Beginn des Films. Dass gleichgeschlechtliche Paare mit dem Recht zu heiraten noch weit davon entfernt sind, tatsächlich Gleichheit erreicht zu haben, wird deutlich, wenn Céline sich ihrem sozialen Umfeld gegenüber rechtfertigen muss, weshalb sie nicht schwanger ist. Wenn sie etwa die Beziehung zu ihrer Mutter aufarbeiten muss, damit diese sich positiv über ihre Mutterschaft äussert. Oder wenn der Arzt beim Eintrittsgespräch Céline die gleichen Fragen stellt, wie der schwangeren Nadia und genetische Vorbelastungen mit ihr bespricht, obwohl keine biologische Verwandtschaft vorliegt. Oder wenn sich die Familie von Nadia Sorgen macht, was die Leute wohl denken.
«Des preuves d’amour» orientiert sich an der Geschichte von Alice Douard selbst. Humorvoll, sorgfältig und mit feinen Untertönen setzen sich Céline und Nadia nicht nur mit den Herausforderungen als lesbisches Paar, das eine Tochter erwartet, auseinander. Das Paar stellt sich auch den Fragen und Zweifeln, die sich wohl alle werdenden Eltern stellen: Werde ich eine gute Mutter oder ein guter Vater sein? Wie organisieren wir uns als Eltern?
PACH empfiehlt den Film
An der Vorpremiere im Zürcher RiffRaff-Kino verriet Ella Rumpf, die in Paris geboren wurde und in Zürich aufwuchs, dass Alice Douard sie im Kopf hatte, als sie die Rolle der Céline geschrieben hat. «Ich hatte mir vor der Arbeit an diesem Film noch keine Gedanken gemacht darüber, ob ich Mutter werden möchte. Inzwischen habe ich erkannt, wie viel Zärtlichkeit darin liegen kann, ein Kind zur Welt zu bringen. Und das dazu viel Verantwortung gehört», so die Gewinnerin des Schweizer Filmpreises und des César. Die junge Schauspielerin war berührt davon, dass Céline sich so beweisen muss, um als Mutter anerkannt zu werden: «Ich habe mir sehr gewünscht, dass es für sie gut ausgeht.»
Auch wenn die Perspektive des Kindes nur am Rande oder zwischen den Zeilen thematisiert wird, zeigt «Des preuves d’amour» nicht nur, was auf ein Paar zukommt, wenn es Eltern wird, sondern auch, mit welchen besonderen Herausforderungen gleichgeschlechtliche Paare zwischenmenschlich und rechtlich konfrontiert sind. PACH kann den Film nur empfehlen. Er läuft seit letztem Donnerstag in den Deutschschweizer Kinos.

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